Ersatzmaßnahmen: Ich bin ein Schwimmkerl. Beinahe.

Ersatzmaßnahmen: Ich bin ein Schwimmkerl. Beinahe.

Wenn nix geht, geht Schwimmen. Denn das mit dem Nicht-Laufen ist ein bissi schwierig. Weil Nichtlaufen für mich nicht geht. Nur: Laufen geht halt grad auch nicht. Und zwar gar nicht. Daher gilt Plan B. Oder Plan C. Ersatzmaßnahme Nummer eins: Schwimmen Der Haken daran: Ich kann es nicht. Denn ich bin kein Schwimmkerl.

Das mit den Zeiten durchschaue ich sowieso nicht. Aber: Nicht nur ich. Auch die Trainer sind ein bisserl ratlos. Und die anderen Schwimmer sowieso: Wann der Pool im John Harris am Wiener Margaretenplatz proppenvoll ist und wann da keine Sau im Wasser zu finden sein wird, lässt sich nämlich so gut wie gar nicht vorhersagen.

©Tom Rottenberg

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Ok, nicht ganz: Dass vor und nach den „klassischen“ Bürozeiten eher mehr als weniger los sein wird, kann man schon mutmaßen. Nur schon die Frage, ob dann da „echte“ Schwimmer Bahnen ziehen werden oder eher Erholungsplantscher weit ausladend und vor allem mit ungleichmäßigem Tempo und Linienmuster unterwegs sein werden, ist ein reines Glücksspiel.

Und manchmal ist dann sogar zu Zeiten, an denen es eigentlich brodeln müsste, genau gar nix los. Gut so. Ehrlicherweise: Seit das Stadthallenbad wieder offen hat, ist es hier eh auch wieder besser geworden. nicht wirklich gut – aber besser.

Denn das Schwimm-Problem in Wien ist ja bekannt: Gegen querschwimmende Pensionisten in den städtischen Bädern sind auch die letzten Autoritäten der Stadt machtlos: Kein Bademeister legt sich mit einer Pensionistin an, die Zeter & Mordio schreit, weil die eigentlich für Sportschwimmer ausgewiesene Bahn, in der sie seit Jahrzehnten mit Köpfcheninderhöh-Brusttechnik neben ihrer Freundin plaudernd herumdümpelt plötzlich von jemandem tatsächlich zum Schwimmen genutzt werden will.

©Tom Rottenberg

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Schmähohne: Mir hat im Kongressbad eine dieser untoten Wasserleichen mal mit „lebenslangem Badeverbot in allen städtischen Bädern“ gedroht. das werde sie „beim Bürgermeister persönlich“ durchsetzen. Mein Vergehen: nachdem meine Freunde und ich sie viermal vergeblich gebeten hatten, doch statt in der Bahn im allgemeinen Planschbereich Wasser zu treten, war ich eben zwischen den beiden Damen durchgeschwommen. Das ist an sich kein Kunststück. Beim ersten Mal war die Dame vollkommen verdutzt. Beim zweiten Mal gab sie mir einen Schubbser. Und ihre Freundin einen Tritt. Nicht schmerzhaft, aber eben doch. Und mit Absicht. Also klatschte beim nächsten Vorbeischiwmmen meine Hand plump aufs Wasser, statt elegant hinein zu stechen – und ein paar Spritzer (wirklich nicht mehr) erwischten den Haarturm der alten Frau.

Mehr brauchte es nicht: Die Haare seien vor dem Badengehen beim Friseur frisch frisiert und hochgesprayed worden, das habe gekostet. Die Frisur sei jetzt hin (war sie nicht). Daher: Ich müsse die Friseurkosten erstatten. Und: Sie verweise mich hiermit des Bades.

©Tom Rottenberg

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Mein Fehler: Ich fragte, ob das jetzt wirkich ihr Ernst sei, sich im Schwimmbad über ein paar Wasserspritzer zu erregen. Dann schwamm ich weiter.

Die alte Frau kreischte das Bad zusammen, war in der Sekunde von einer Kompanie solidarisch-erboster Pensionisten umringt – und gemeinsam rief man nach dem Bademeister. Als der mir kein Hausverbot erteilen wollte, ging es erst richtig los: man werde sich beschweren. Bis ganz hinauf. Man wisse, wo und wie man den Bürgermeister am Weg ins Rathaus abpassen könne. Der stehe hinter den ehrlichen Pensionisten. Und werde dafür sorgen, dass weder der Bademeister noch ich je wieder einen Fuß in dieses Bad … und so weiter.

©Tom Rottenberg

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Der Bademeister wurde blass. Ich aber lachte – und bot der Dame an, ihr beim Vereinbaren eines Termins zu helfen. Ich könnte für sie ein paar Leute im Umfeld des hohen Herrn anrufen. Ob sie terminlich flexibel sei, oder mir ein paar Wunschtermine nennen wolle? Die würde ich dann gern weitergeben. Die Frau explodierte.

Trotzdem: Weil ich schwimmen und nicht streiten will, war ich seither nur selten im städtischen Bad – und schwimme statt dessen eben im 25-Meter-Pool, der in den Fun-Pool-Landschaften geblieben war, nachdem aus dem einstigen „Rogner Margaretenbad“ hier eine John Harris Fitnessfiliale geworden war.

©Tom Rottenberg

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Tatsächlich schaffte ich, als die Muckibude hier einzog, nicht einmal eine einzige 25-Meter-Länge. Historisch bedingt: Als Bub hatte ich rote Schneckerln, Brillen mit fünf Dioptrien und eine sommersprossige Haut, die schon beim Erwähnen des Wortes „Sonne“ schlagartig so krebsrot wurde und sich zu schälen begann: Drei triftige (und mehrfach durchdeklinierte) Gründe, nicht nur nicht ins Wasser, sondern auch nicht ins Bad zu gehen. Das Fazit: Ich lernte nie richtig schwimmen.

Mit dem Pool im Fitnesscenter wurde das ein bisserl ärgerlich. Also suchte ich. Im Netz. Und wurde fündig: Der (ehemalige) US Marine Jimmy D Shea hatte bereits 2007 einen Kraul-Basiskurs auf Youtube geladen – und auch wenn dieses Video weder in Bild-, noch in Textkriterien geschweige denn musikalisch oder schnittechnisch wirklich viel kann: Ich lernte damit kraulen. Die Grundzüge zumindest: Besser als das, was ich bis dahin an Schwimmtechnik mitbekommen hatte, war – und ist – Jimmys Kurs allemal.

 

Mittlerweile sind einige Jahre vergangen. Ich schwimme immer noch wie der letzte Mensch, aber immerhin weiter als 25 Meter in einem Stück. Und ich habe keine Todesangst mehr, wenn ich ins Wasser muss: Ein paar Mal mit Leuten, die schwimmen können, zu üben, hat definitiv etwas gebracht. Obwohl echtes Schwimmen natürlich anders aussieht. Aber darum geht es ja nicht.

Derzeit schon gar nicht: Ich darf grad nicht laufen. Und das ist für mich die Hölle. Um zumindest ein bisserl Bewegung zu bekommen, bin ich deshalb eben halbwegs regelmäßig im Wasser. Plan B eben. Oder Plan C. Obwohl ich kein Schwimmkerl bin.

©Tom Rottenberg

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Aber wissen Sie was? Es macht Spaß. Sehr sogar. Und worauf das hinauslaufen könnte, wenn ich wieder laufen darf, ist nicht schwer zu erraten. Aber das ist noch weit, sehr weit, weg. Und – wenn überhaupt – eine andere Geschichte.

 

 

Kommentare

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  • Anonymous sagt:

    Und wieso geht das Laufen jetzt nicht? So ein Cliffhanger, muss denn das sein?

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